Das letzte Spiel (German Edition) by Leonore Pothast

Das letzte Spiel (German Edition) by Leonore Pothast

Autor:Leonore Pothast [Pothast, Leonore]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-08-30T04:00:00+00:00


Fünfte Nacht

Keine Ruhe

»Was ist los?«, rief Noanin besorgt.

»Ich muss …«, hauchte Serdid, »ausruhen …«

Er klemmte die Hand zwischen die Beine, als könnte er die Schmerzen mildern, wenn er nicht sah, woher sie kamen, und legte den Kopf auf die Knie. Er zitterte am ganzen Körper, so sehr, dass er befürchtete, er könnte Haare und Nägel abschütteln. Sein Atem ging in schmerzhaften Stößen, seine Muskeln drohten zu reißen von der Anspannung, und seine Knochen schlugen so laut gegeneinander, dass er Angst bekam, die Torwächter eine Straße weiter könnten ihn hören und nachsehen, was los war.

»Imam!« Noanin kniete sich neben ihn in den Sand und fasste ihn an der Schulter. »Brauchst du Hilfe?«

»Nein …«, flüsterte er. »Ich komm … gleich …«

Es waren nicht nur die Schmerzen, sondern auch der enorme Druck der letzten vierundzwanzig Stunden, der langsam seine Umklammerung löste. Es war vorüber: Er war im Palast eingebrochen; er war im Dunkeln den Wächtern entkommen; er hatte das Refugium betreten; er hätte dem Kalifen Schlangengift unters Frühstück mischen können; er hatte die Festung betreten; er war den Wächtern im Hellen entkommen – und er lebte! Sogar beinahe unversehrt. Und nebenbei war er Voshím losgeworden – nicht besonders anständig, und in einer weniger aussichtslosen Situation hätte er auf diesen Akt verzichtet, aber ––– er konnte zurückkehren und sein Leben wieder aufnehmen!

»Du machst mir Angst!« Noanin klang dem Weinen nahe.

Serdid blickte zur Seite und lächelte sie an. Nie hätte er gedacht, dass es so einfach sein konnte zu lächeln, nachdem jemand irgendwelche Teile seiner Hand (die er vorsichtshalber noch nicht in Augenschein genommen hatte) mit einem Hammer zertrümmert hatte. »Es ist alles gut. Hab ein bisschen Geduld. Ich hatte einen … anstrengenden Tag.«

»Aber es wird gleich dunkel!«

»Das passiert schon mal, wenn man einbrechen möchte.«

Noanin blickte verstört drein. Doch Serdid gab nicht nach. Er lehnte den Kopf an das Haus hinter sich und schloss die Augen. Während er gleichmäßig ein- und ausatmete, spürte er, wie sein Körper nach und nach aus gespannter Dauerwachsamkeit in einen normalen Erregungszustand zurückkehrte.

»He, schläfst du?«

Serdid schüttelte geruhsam den Kopf. »Ich komme.«

Das war leichter versprochen, als getan: Er wollte sich aufstützten und probierte erst den einen Arm, dann den anderen, und beide straften ihn mit stechenden Schmerzen. Schließlich zog er die Arme aus dem Rucksack und drückte sich mit beiden Beinen an der Wand in die Höhe. Als er sich umdrehte und den Sack aufheben wollte, fiel ihm die Armbrust wieder ein.

»Wir müssen uns beeilen!« Noanin wollte seine Hand nehmen.

In einer Schnelligkeit, die ihn selbst überraschte, zog Serdid seine linke Hand weg, sprang um Noanin herum und gab ihr die andere. Das war der Arm mit der Wunde, aber zum Greifen deutlich besser geeignet.

»Sag mal«, fragte er nach einer Weile, »diese Armbrust, die du Marhadi gegeben hast – war das deine?« Wie sehr hoffte Serdid, dass er sich in der Aufregung getäuscht hatte. Manchmal passierte es, dass er sich an Dinge erinnerte, die nicht passiert waren.

»Ja. Die hat Bilal mir geschenkt. Vor drei Tagen erst!«

Bilal von Korvan, der Erbprinz der Korvans – Serdid konnte sich sogar an ihn als Kleinkind erinnern.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.